Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau
Institut für Weinbau und Oenologie – Arbeitsbereich Oenologie
LINK: Qvevri-Weinbereitung LWG 2018
Weinausbau im Kvevri
J. Burkert, Dr. M. Zänglein; LWG Veitshöchheim
Rebe und Wein, Herbst 2014
Der Weinanbau und die Weinbereitung können auf eine sehr lange Tradition zurückblicken. Funde von alten Tongefäßen, die mit Trauben ornamentiert sind und in denen Weinreste nachgewiesen wurden, deuten darauf hin, dass der Weinbau seinen Ursprung vor ca. 8000 Jahren hatte. Die ältesten Fundstücke stammen aus dem Gebiet in dem sich heute Georgien befindet.
In Georgien findet der traditionelle Weinausbau seit ca. 7000 Jahren in Tongefäßen, den sog. Kvevris, statt. „Kvevri“ ist georgisch und heißt übersetzt „Amphore“. Dabei handelt es sich um ellipsenförmige Tonkrüge mit konischem Verlauf zum Boden hin. Die Wanddicke beträgt 2 bis 6 cm. Aufgrund der geringen Wandstärke müssen die Kvevris vor der Befüllung im Boden vergraben werden, da sie sonst auseinander brechen würden. Im Inneren sind sie zum Schutz häufig mit Bienenwachs beschichtet.
Die Herstellung von Kvevris ist sehr schwierig und reine Handarbeit. Um stabile Kvevris zu bauen, sind die Verwendung der richtigen Materialien und deren richtige Mischung entscheidend. Kleinste Fehler beim Mischen der Materialien, dem Zusammensetzen der Tonstreifen oder ungleichmäßigem, zu schnellem Erhitzen, können zum Platzen des Kvevri beim Brennen führen. Direkt nach dem Brennen werden die noch warmen Kvevris innen mit flüssigem Bienenwachs ausgestrichen, um die Oberfläche sauber zu halten. Für den Transport werden die Kvevris zusätzlich von außen mit Drahtringen verstärkt und stabilisiert.
In den meisten Fällen werden Kvevris in Georgien in Weinkellern vergraben, nur selten im Freien. In der Regel werden dann zuerst die Tongefäße vergraben und dann der Keller um die Kvevri herum gebaut. Der Ort, an dem die Tongefäße vergraben sind, wird als Marani bezeichnet.
Bis ins 20. Jahrhundert wurde in Georgien der Wein fast ausschließlich in Kvevris vergoren und ausgebaut. In den letzten Jahrzehnten wurden allerdings viele Kvevris, vor allem in Großbetrieben, durch Holzfässer und später dann auch durch Beton- und Edelstahltanks ersetzt. Traditionell bleiben die Weine bis zur Abfüllung im Kvevri. Die anschließende Reifung im Holzfass wird aber auch in Georgien immer populärer. Die modernen Entwicklungen drängen zudem die traditionelle Maischegärung (auch bei Weißwein) zu Gunsten der Mostgärung in den Hintergrund. Grund hierfür ist unter anderem die Ausbreitung von Pilzkrankheiten an den Rebstöcken, die das Lesegut schädigen und somit eine Maischegärung aus mikrobiologischer Sicht ausschließt. Entgegen dieser Entwicklung produzieren sehr viele kleine Weinbaubetriebe in Georgien weiterhin den traditionellen Weintyp (Maischegärung im Kvevri), vor allem für den inländischen Markt, der weiterhin diesen speziellen Weintyp bevorzugt.
Um den in Georgien traditionellen Weinausbau in Kvevris näher unter die Lupe zu nehmen wurde im Jahr 2011 an der Bayerischen Landesanstalt für Wein- und Gartenbau ein original 900 Liter Kvevri aus Georgien im Rahmen eines Schülerprojektes vergraben. Das Tongefäß wurde in die dafür ausgehobene Grube gehoben und, wie in Georgien üblich, mit Sand aufgefüllt, mit Wasser eingeschwemmt und verdichtet, um einen stabilen Sitz des Tongefäßes gewährleisten zu können (Bild 2). Als Wetterschutz wurde ein Marani um den Kvevri gebaut (Bild 1).
Um eine erfolgreiche Maischegärung durchführen zu können, muss das dafür verwendete Lesegut hochreif und absolut gesund sein. In den Jahren 2011 und 2012 waren diese Vorgaben gegeben, 2013 durch frühen Botrytisbefall eher schwierig. Für den Versuch wurden hochreife Silvanertrauben mit einem Mostgewicht von über 100 °Oe verwendet. Um den Phenolgehalt des Weines in einem akzeptablen Rahmen zu halten, wurden die Trauben entrappt, leicht angequetscht und mit Hilfe eines Eimers in den Kvevri geschöpft (Bild 3).
Bild 2: Vergraben des Kvevri
Für die Dauer der Gärung wird der Kvevri mit einer Steinplatte verschlossen, sodass durch die Unebenheiten der Mündung des Tongefäßes das entstehende CO2 entweichen kann, gleichzeitig aber nichts/niemand in die gärende Maische fällt. Die Maische wird täglich mehrmals vorsichtig untergestoßen um die Vermehrung unerwünschter Mikroorganismen am warmen Tresterhut zu vermeiden.
In Georgien werden die Amphoren meist Mitte September mit vollreifem Lesegut befüllt. Aufgrund der Ansprüche an das Lesegut verschiebt sich in unserer Region der Lesetermin meist in die zweite Oktoberhälfte. Zu dieser Zeit ist der Boden bereits auf ca. 10°C abgekühlt und auch das Lesegut kommt aufgrund der kalten Nächte bereits mit niedrigen Temperaturen zur Verarbeitung in den Betrieb. Das ist auch der Grund dafür, dass die spontane Angärung oft Tage, manchmal sogar einige Wochen auf sich warten lässt. In dieser Zeit vermehren sich die Hefen nur langsam. Wenn die Gärung dann allerdings startet, ist sie binnen drei bis maximal fünf Tagen auch beendet (Abb. 1). Zwar steigt die Temperatur der Maische durch die stürmische Gärung kurzfristig auf bis zu 30°C an, kühlt aber auch relativ schnell wieder ab. Der starke Temperaturanstieg kann mit der schlechten Wärmeleitfähigkeit der trockenen Erde und des Tons erklärt werden, wodurch die freigesetzte Wärme nur langsam abgegeben werden kann. Im Anschluss an die Gärung muss das Gefäß beigefüllt werden. Ein Kvevri reicht in der Regel aus, um drei bis vier andere Kvevris beizufüllen.
In wärmeren Weinbauregionen läuft der biologische Säureabbau bei der Maischegärung in Außenamphoren oft parallel oder direkt im Anschluss an die Maischegärung. Da die Gärung in unserer Region meist erst im November abläuft, ist der Boden bereits zu kalt und die Gärdauer zu kurz, dass die malolaktische Fermentation ablaufen kann. Meist setzt diese dann nach der Erwärmung des Bodens im Mai/Juni des Folgejahres ein. Der bis dahin hervorragend geklärte Jungwein in der oberen Hälfte des Kvevri trübt sich dann wieder ein und Teile der Maische schwimmen durch das entstehende CO2 wieder auf. Nach der Gärung wurde an der LWG ein Silikonschlauch als Dichtring zwischen Ton und Steinplatte gelegt. In Georgien wird zur Abdichtung der Kvevri traditionell Ton verwendet und dann mit einem Sandhaufen bedeckt um ihn feucht zu halten.
Bild 3: Erstbefüllung des Kvevri mit Silvaner Maische
Abb. 1: Gärverlauf der Spontangärung im Kvevri, 2012 Silvaner Maische
Um ein Auffrieren des Tongefäßes bei Frost zu verhindern, muss der Kvevri in unseren Breitengraden vor der ersten Frostperiode „eingewintert“ werden. Hierfür eignen sich gut isolierende Materialien wie Stroh, Miskantusmulch, …
Dichte
Temperatur
Der Einsatz von schwefliger Säure nach abgeschlossenem Säureabbau ist beim traditionellen Ausbau von Kvevriweinen unüblich. Die durch den Einsatz von SO2 entstehende Reduktivität, vor allem durch die Abbindung von Acetaldehyd, würde die Polymerisation der Phenole deutlich verlangsamen. Somit bleibt der Wein sehr lange bitter und schwer trinkbar. Die große Menge an Phenolen, die durch die Maischegärung in den Wein übergehen, müssen durch die oxidativen Verhältnisse die Möglichkeit zur Polymerisation erhalten, sodass der Wein harmonischer wird, an Bitterkeit verliert und an Körper und Fülle gewinnt. Zwangsläufig damit verbunden ist eine deutliche Veränderung der Aromatik. Diese Weine sind sehr hochfarbig und erinnern durch die erhöhten Gehalte von Acetaldehyd sensorisch an Sherry. Die durch die stürmische Maischegärung häufig entstandenen sulfidischen Noten sind nach einer gewissen Lagerdauer durch die oxidativen Verhältnisse meist nicht mehr vorhanden.
Für die weitere Weinbereitung wird in der Regel nur der klare Überstand des Weines verwendet (meist ca. 50 – 60 %) (Bild 4). Die restliche Maische und Hefe wird in vielen Fällen zur Destillation verwendet oder aber direkt wieder dem Weinberg zugeführt.
Bild 4: Abziehen des klaren Weines von der Maische nach einjähriger Lagerung
In Georgien bleiben die Weine oft mehrere Jahre im Kvevri liegen um zu reifen. Traditionell wurde früher zur Geburt eines Kindes ein Kvevri befüllt, nach der Gärung verschlossen und erst wieder zur Hochzeit geöffnet. Prinzipiell sollte der Wein, bzw. die Maische aber mindestens ein Jahr, also bis zur nächsten Ernte im Kvevri lagern. Grund hierfür ist nicht nur die benötigte Reifezeit, sondern auch die Konservierung des Gebindes. Idealerweise wird das Tongefäß erst direkt vor der Ernte der vorgesehenen Trauben geleert, gereinigt und sofort wieder befüllt, auch wenn die händische Leerung des Kvevri sehr zeit- und arbeitsintensiv ist und während der Weinlese der Faktor Zeit oft einen begrenzenden Faktor darstellt. Das Leerstehen des Kvevri würde zur Bildung von Schimmel führen, da der Ton nie vollständig von Weinresten befreit werden kann und sich die Feuchtigkeit darin sehr lange hält.
Da die Weinbereitung in Tonamphoren in Franken weder traditionell, noch üblich ist, wurde die Vinifikation vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) Würzburg begleitet. Die analytischen Ergebnisse zeigten keine Auffälligkeiten, sodass dem Inverkehrbringen der Weine nichts im Weg stehen würde.
Mit der Erfahrung der ersten beiden Jahrgänge, in denen Wein in Kvevris an der LWG Veitshöchheim ausgebaut wurde, kann man sagen, dass die Weine in keiner Weise dem bekannten Bild fränkischer Weißweine entsprechen, was ja auch nicht gewollt ist. Der Aufwand wäre sonst nicht gerechtfertigt. Durch die Maischegärung zeichnen sich die Weine im Jungweinstadium durch eine extreme Phenolstruktur, aber auch durch eine besondere Fruchtigkeit und Vegetabilität aus, hin und wieder auch durch extrem sulfidische Noten. Sowohl Frucht, als auch sulfidische Komponenten reduzieren sich deutlich durch den oxidativen Ausbau in der Amphore. Der Wein entwickelt sich durch den Ausbau ohne Einsatz von schwefliger Säure aromatisch immer mehr in Richtung Sherry. Gleichzeitig polymerisieren die Tannine, die dem Wein eine kräftige Struktur verleihen. Als Solisten gesehen sind die Weine für den normalen Weintrinker vermutlich inakzeptabel. Mit dem Hintergrundwissen über die Produktion und die Geschichte dieser Weine werden sie aber auch für Laien zu interessanten Weinen, die zu speziellen Anlässen oder besonderen Speisen durchaus ihre Berechtigung finden.
Quelle: Dr. David Chichua, 2012