Méthode Kartuli – Weinherstellung in Kvevris nach der traditionellen georgischen Methode.
1. Der Hintergrund
Weinproduktion und Verbrauch spielen seit über 6000 Jahren eine wichtige Rolle in der menschlichen Gesellschaft. Heute ist Wein weltweit ein beliebtes und gern konsumiertes Getränk und gilt als Schlüsselprodukt auf dem Lebensmittelmarkt. Bis 2004 nahm der weltweite Weinverbrauch stetig um 0,7 % auf 236,96 Millionen Hektoliter pro Jahr zu, ein sicheres Zeichen für einen wachsenden Markt. China ging beim Zuwachs voran: Der Verbrauch wuchs um 14,7 % auf 13,28 Millionen Hektoliter an, und in Russland und Rumänien gab es sogar Wachstumsraten von 16,9 % bzw. 14,9 %. In Australien und Neuseeland wurden 43,6 Millionen bzw. 7,7 Millionen Hektoliter Wein konsumiert. Und allein in Europa werden 53,37 % des in der ganzen Welt produzierten Weines getrunken.
Allerdings belegt die Entwicklung nach 2004, dass der Weinverbrauch stagniert. Die internationale Organisation „Rebe und Wein“ (OIV) teilte mit, dass im Jahr 2007 etwa 266.7 Millionen Hektoliter Wein weniger produziert wurden als im Vorjahr, das entspricht 6.9 %. Der Verbrauch blieb fast unverändert bei 240.6 Millionen Hektolitern. Nur noch 7.899 Millionen Hektar Land wurden 2007 für die Weinproduktion genutzt, während es im Vorjahr noch 7,908 Millionen Hektar waren. Den größten Produktionsrückgang gab es in Europa, wo die Europäische Kommission gravierende Änderungen der Weinpolitik anstrebt und sogar Geldprämien für die Rodung von Weinplantagen anbietet, damit die durch die Überproduktion von Wein entstandenen Seen in der Europäischen Union austrocknen.
Die Massenproduktion von Wein war möglich, weil in den letzten Jahrzehnten die Industrialisierung des Getränkemarktes und der Weinherstellung die Inokulation von Hefen ermöglichte, mit deren Hilfe die Fermentierung der Weine standardisiert wurde. Dadurch entstanden Weine mit reproduzierbaren, homogenen Düften und Aromen, denen es allerdings am besonderen, unverwechselbaren Charakter mangelte.
Der Trendwechsel
Neben der weltweiten Tendenz zu organisch produzierter Nahrung ist eine der wichtigsten Entwicklungen auf dem Ernährungssektor das Marketing teurer Qualitätsnahrung mit genauer Bezeichnung seines Ursprungs, zum Beispiel Prosciutto di Parma, Jamón Serrano, Olivenöl aus Griechenland oder deutscher Spargel. Auch in der Weinindustrie besteht großes Interesse an Produkten mit einzigartigem Charakter, die typisch für eine bestimmten Region sind. Seit einigen Jahren wächst das Interesse der Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie, exklusive Produkte mit unverwechselbaren Merkmalen zu produzieren. Kellereien und Weinbauern suchen nach einzigartigen Merkmalen, um ihre Produkte von anderen zu unterscheiden und ihnen eine exzellente Qualität zu verleihen. Um hohe Preise auf dem Weinmarkt erzielen zu können, sind die Anzeige der Wein produzierenden Region, der Jahrgang der Weinlese, der Standort und die Lagerungsmethode (z.B. „barrique“, im Eichenfass), der geringe Gebrauch von Pflanzenschutzmitteln und eine nachhaltige Produktion entscheidende Faktoren. Bei der Suche nach geeigneten önologischen Möglichkeiten der Produktion von Weinen mit authentischen Merkmalen sind traditionelle Methoden von großem Interesse.
In diesem Kontext bietet die Rückbesinnung auf Traditionen neue und unerforschte Perspektiven. Die georgische Art der Weinproduktion, die Kartuli-Methode, ist die älteste der Welt. Die Archäologen fanden im Südkaukasus, im heutigen Georgien, Beweise für die Kultivierung von Reben und die Gärung in Ton-Amphoren, die auf das Jahr 5000 vor Christus zurückgehen. Von dort aus habe sich das Verfahren über Mesopotamien, Ägypten, Griechenland und den Rest der Welt ausgebreitet und sei im Lauf der Jahrhunderte verfeinert worden. Ebenso gehe der Name des Produkts auf das georgische Wort ghvino zurück, woraus in anderen Sprachen vino, vin, wine und Wein wurden.
Die Kartuli-Methode
Bei der traditionellen Kartuli-Methode wird der Wein unter Ausnutzung der spontanen Fermentierung der Trauben produziert – in Ton-Amphoren, genannt Kvevri, die im Boden vergraben werden. Der Wein gärt langsam und natürlich ohne Zugabe von Sulfit oder Hefen. Die Kvevri bleiben während der Gärung, die mehrere Monate dauern kann versiegelt. Da es unterschiedliche Arten von Weintrauben gibt und der Prozess nicht kontrolliert werden kann, können sich die so gereiften Weine erheblich voneinander unterscheiden. Es erfordert also ein besonderes Wissen, will man diese Technik nutzen, um Qualitätswein herzustellen. Während die Kartuli-Methode von einigen georgischen Landwirten noch genutzt wird, tun es außerhalb Georgiens nur wenige Weinproduzenten, die dabei allerdings hervorragende Weine herstellen, die preisgekrönt werden. Diese Kellereien, die mit Kvevri arbeiten, haben gezeigt, dass ihre Weine sehr erfolgreich auf dem Markt sind, dass ihre Qualität von Weinexperten und Sommeliers anerkannt wird und sie deshalb in Weinzeitschriften und Weinführern verzeichnet werden.
Die Kvevri spielen eine wesentliche Rolle bei diesem besonderen Weinherstellungsprozess. Diese riesigen Gefäße mit ihren unverwechselbaren Formen herzustellen erfordert große Kunstfertigkeit. Die georgische Töpferei ist Jahrtausende alt und hinterließ für die Archäologie die besterhaltenen irdenen Artefakte. Allerdings stirbt die Kunst aus, Kvevri zu bauen. Nur noch fünf Menschen im ganzen Land sind dazu in der Lage, und keiner von ihnen hat einen Lehrling, dem er die Fertigkeiten weitergeben könnte.
Es ist die älteste Weinherstellungsmethode der Welt, und doch droht die Kartuli-Methode zu verschwinden – gemäß der Tatsache, dass ihre Kenntnis auf den Ostteil Europas beschränkt ist. In der westlichen Welt ist sie kaum bekannt, und selbst in Georgien mangelt es an jungen Menschen, die sie lernen und bewahren wollen.Diese Initiative setzt sich aus Weinproduzenten und Wissenschaftlern verschiedener Bereiche zusammen, die um den Verlust an diese Tradition besorgt sind. Unser Ziel ist, die georgische Weinherstellungsmethode zu studieren, zu charakterisieren und zu fördern, die kulturelle Bedrohung abzuwenden und den Georgiern zu zeigen, wie wichtig es ist, ihr wundervolles Erbe zu bewahren.
2. Das Vorhaben
Bei der Kartuli-Methode erfordern die Herstellung qualitativ hochwertiger Kvevri und das Herbeiführen einer erfolgreichen spontanen Fermentierung spezielles Wissen und Fertigkeiten. Deshalb beabsichtigen wir, Kvevri-Weine zu erforschen, zu erhalten und zu Markt zu bringen, die nach der Kartuli-Methode entstanden sind. Und indem wir das tun, wollen wir das Wissen um die Tradition und die Herstellung der Kvevri erhalten und dazu beitragen, die 7000-jährige Tradition georgischer Weinherstellung zu bewahren. Um diese zu erreichen, arbeitet eine multidisziplinäre Gruppe zusammen. Diese Gruppe besteht aus Ethnologen, die die Geschichte und Kultur der Kvevri-Weine untersuchen, aus Wissenschaftlern, die die chemischen, mikro- und molekularbiologischen und önologischen Untersuchungen der Kartuli-Methode und ihrer praktischen Durchführung übernehmen; aus Weinproduzentenn, die ihre Erfahrungen bei der Produktion von hochwertigen Kvevri-Weinen austauschen, um höchst exklusive Produkte mit bestem Marktpotential und hohen Gewinnmöglichkeiten zu erhalten, sowie aus Marketingexperten, die Kvevri-Weine weltweit als hervorragendes exklusives Produkt anbieten.
3. Die Ziele
- Studie über die ursprüngliche georgische Weinherstellungsmethode, Geschichte und Kultur
- Optimierung der Produktion von Kvevri-Wein durch Zusammenarbeit von Kellereien mit Wissenschaftlern
- Ausbildung von jungen Georgiern zur Bewahrung und Wiederherstellung des traditionellen Kvevri-Handwerks
- Untersuchung der Möglichkeiten, diese Methode in anderen Ländern mit unterschiedlichen Traubenarten und klimatischen Bedingungen zu verwenden
- Weltweites Promoten der Kvevri-Weine als traditionelles und echtes Premium-Produkt
Anhang: Wissenschaftliche Untersuchungsthemen
I. Traubenvarianten und Wachstumstechniken
- Identifizierung von geeigneten Traubenvarianten für die Kvevri-Gärung
- Analyse der Erdzusammensetzung und der Entwicklung der Wurzeln der Weinstöcke
- Beschreibung der verbreiteten Trauben und Weine gemäß den unterschiedlichen Kultivierungstechniken
II. Mikrobiologie und einheimische Flora
- Analyse des Weinherstellungsprozesses bei der Verwendung wilder oder kultivierter Hefen zur Fermentierung
- Beurteilung der Unterschiede der Mikroflora in Kellern, in Terroirs (dem Zusammenspiel von Klima, Boden und Landschaft) und den Trauben selber
- Das Identifizieren der Parameter, die die Weinqualität beeinflussen, insbesondere bei der Kvevri-Methode
- Die Beziehung zwischen Hautkontakt und Duftkomplexität, der Weinfarbe und der Tannine
- Untersuchung der Temperatur beim Verwenden von Kvevri und ihrer Wirkung auf die Weinqualität
III. Oxidationsprozesse während der Gärung
- Verifizierung des für Kvevri verwendeten Materials
- Beurteilung des vollständigen Prozesses während der Weinherstellung nach der Kvevri-Methode durch Nutzung biochemischer, molekularbiologischer, chemischer und Duftanalysen
- Identifizierung des Einflusses des Honigwachses, des gebrauchten Materials und der Scholle
- Beurteilung der Durchlässigkeit und der Kapazität von Kvevri zur Mikrooxidation
IV. Georgische Geschichte, Kultur und Gesellschaft
- Die Geschichte der Weinherstellung in Georgien mit Hauptaugenmerk auf Kvevri-Wein
- Ethnische Besonderheiten Georgiens in Bezug auf Weinproduktion und Konsumption
- Untersuchung möglicher früherer Erfahrungen der Weinherstellung in Tongefäßen in Südamerika
Praktische Bemühungen
- Unterstützung bei der Erhaltung des Kvevri-Handwerks, indem bessere Arbeitsbedingungen geschaffen und Studenten gefunden werden, die daran interessiert sind, die Kunst von einem erfahrenen georgischem Handwerker zu lernen
- Nutzung der Kartuli-Methode zur Produktion von Weiß- und Rotwein unter Verwendung georgischer Rebsorten
- Nutzung der Kartuli-Methode zur Produktion von Weinen in anderen Ländern und unter anderen klimatischen Bedingungen, z. B. in Slowenien, Italien, Deutschland, der Schweiz
- Erkunden der Möglichkeit, Erfahrungen mit georgischen Weinherstellungspraktiken in Chile und anderen Weinbaugebieten und Terroirs der Neuen Welt zu sammeln.