Geschichte und Philosophie

Viele Menschen haben Freude daran, Wein zu trinken, ohne aber etwas über seinen Ursprung und seine Geschichte zu wissen. Jedoch steht hinter dem Weingenuss in jeder Weltgegend eine tiefe Philosophie. Manche Menschen nehmen an, dass Griechenland der Geburtsort des Weines ist, und einige glauben, dass es Rom sei, doch der wissenschaftlichen und archäologischen Forschung zufolge ist beides nicht korrekt.

Die Grundsatzschrift „Oxford Companion to Wine“ (Jancis Robinson, 1994) erklärt, dass die Weintradition in den fruchtbaren Tälern des Südkaukasus begann, in dem Land, das jetzt Georgien heißt.

„Die Samen kultivierter Weinreben, deren Form sich von der wild wachsenden Variante unterscheidet, wurden in Georgien gefunden und auf 6000 vor Christus datiert …“(Rod Phillips, 2001: A Short History of Wine. London).

Bereits in jener Zeit hatten die Völker des Südkaukasus die geheimnisvolle Verwandlung des Saftes wilder Trauben entdeckt. Wie diese im Kvevri, in Tongefäßen, die im Boden vergraben wurden, zu Wein wurden. Dieses Wissen wurde im Lauf der Jahrhunderte ständig weiterentwickelt und verfeinert.

Kvevri sind spezielle Gefäße zur Herstellung von Wein. Was auch immer sich bei der Produktion und dem Verbrauch im Lauf der Jahrhunderte geändert haben mag – die Kvevri sind im Südkaukasus noch immer so wichtig für die Weinherstellung wie zuvor. Viele georgische Familien folgen unverändert ihrer reichen Kultur der Weinherstellung. Neben ihren Häusern gibt es besondere Plätze, genannt Marani, in denen die Kvevri unterschiedlicher Größen vergraben werden.

Die von georgischen Archäologen entdeckten Amphoren gelten als die am besten erhaltenen Ton-Artefakte. Das georgische Töpferhandwerk ist Jahrtausende alt, und die Artefakte belegen die großen Fertigkeiten der georgischen Handwerker, unter deren Händen aus Wasser, Erde und Feuer jene großen Gefäße von außergewöhnlicher Schönheit als Zeugnisse der alten Kultur entstanden.

Die Fertigkeiten der Weinherstellung in Georgien waren in der Antike allgemein anerkannt. Hervorragende Persönlichkeiten des Altertums, darunter Apollonios von Rhodos, Strabon und Prokopios von Caesarea, erwähnten in ihren Schriften den Transkaukasus und ausdrücklich das Gebiet von Georgien als das Land der ersten bekannten kultivierten Rebsorten. Von dort aus verbreiteten sich der Wein und die traditionelle Methode seiner Reifung im Kvevri weiter über Mesopotamien, Ägypten, Griechenland und den Rest der Welt. Amphoren, die dem Kvevri ähnlich waren, wurden im Römischen Reich gefunden, wo sie Dolium genannt wurden, in Griechenland Pithos und in Spanien Tinaja. Vermutlich entstand sogar das Wort Wein aus der georgischen Bezeichnung Ghvino (Vin; Wein; Vine; Vino …)

Die besondere Liebe der Georgier zum Wein ist kein Zufall. Ausdrücklich ermutigt wurde sie im 4. Jahrhundert bei der Christianisierung Georgiens durch die Heilige Nino aus Kappadokien (Konstantinopel). Sie bekehrte Georgien zum christlichen Glauben und trug dabei ein Kreuz aus Weinreben, um das ihr Haar geflochten war. Das Kreuz wurde zum Symbol des orthodoxen Glaubens, und viele Kirchen sind mit Weinornamenten dekoriert. So bewahren das Kreuz und die Rebe einen Ehrenplatz in Georgien.

Zwar besitzt Georgien die älteste Weinkultur der Welt, doch waren die modernen Zeiten nicht so freundlich zu dieser Tradition. Früher behandelte ein Landwirt seine Weintrauben sorgfältig, in sowjetischen Zeiten änderte sich das radikal. Unter der strengen sowjetischen Herrschaft konnte sich der georgische Weinsektor nicht mehr auf die traditionelle Art der Weinherstellung konzentrieren, sondern wurde zur Massenproduktion degradiert, wodurch er sich verschlechterte und die Menschen fast vergaßen, dass seine Herstellung eine Kulturleistung ist. Die Qualität galt wenig, es ging nur noch um die Massenproduktion für den riesigen Markt Russlands. Aber nichts währt ewig, und auf den Ruinen der Sowjetunion wuchs wieder georgischer Wein, der seine Kraft zurückgewann, als die goldenen Regeln der Vorfahren wieder beachtet wurden.

Heute nimmt der Wein wieder einen zentralen Platz im Leben jedes Georgiers und der georgischen Kultur ein. Es gibt viele Weinbauern in den Regionen Georgiens, die ihren eigenen Wein keltern und sich darüber freuen, wenn ihn die Gäste genießen.

Die meisten Weinerzeuger außerhalb Georgiens wissen wenig über die traditionelle Kelterung im Kvevri. Einige immerhin haben den Ursprung des Weins erforscht und stießen dabei zwangsläufig auf die georgische Art der Produktion. Als sie die Vorteile dieser Methode verstanden, änderte sich ihre Philosophie der Weinherstellung. Seitdem sind ihre Weine so gut, dass sie Jahr für Jahr die höchsten Preise erhalten. Zum Beispiel erreicht ein Winzer in Friaul-Julisch Venetien immer wieder die höchstmögliche Klassifizierung von „TRE BICCHIERI“ im Gambero Rosso: „vini d’Italia“ (Wein Italiens). Außerdem wurde er 2007 von derselben Institution zur besten Winzer Italiens gewählt.

Dies zeigt, wie wichtig diese Tradition selbst in der modernen Welt ist. Das macht unsere Arbeit, die Herstellung von Kvevris als Teil des traditionellen georgischen Weinbaus zu bewahren, so bedeutsam.